RP, 10.03.2024, Kamp-Lintfort
Zum Weltfrauentag gab es in Kamp-Lintfort ein Fest mit vielen Kulturen. Bei der Essensausgabe wurde die traditionelle Tracht angelegt. Foto: Armin Fischer (arfi)
Der Frauentag bleibt ein Kampftag
Internationaler Frauentag im Schirrhof
Kamp-Lintfort · Mit rund 150 Besucherinnen punktete der Internationale Frauentag im Schirrhof hoch. Das Veranstaltungsprogramm vom Awo-Kreisverband Wesel gab sich unterhaltsam und stimmte gleichzeitig nachdenklich. Welche Botschaften im Mittelpunkt standen.
Von Sabine Hannemann
Multikulturelles Flair lässt den Weltfrauentag im Schirrhof nachklingen. Rund 150 Besucherinnen jeglichen Alters kamen am 8. März in Kamp-Lintfort zusammen, um ihren Tag zu feiern. Der Awo-Kreisverband Wesel hatte gemeinsam mit den Integrationsagenturen Kamp-Lintfort und Moers, der Stadt Kamp-Lintfort, der Fachstelle für Demokratie der Stadt Moers und dem Verein Kulturprojekte Niederrhein dazu eingeladen.
Dabei stand jedoch nicht der historische Rückblick auf den Frauentag, seine engagierten Aktivistinnen und die Gestaltung dessen über die Jahrzehnte hinweg im Mittelpunkt. Das abwechslungsreiche Programm gab die Möglichkeit, auf die Rechte der Frauen aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren. Eines wurde überdeutlich: der Frauentag bleibt ein Kampftag. Der Wechsel zwischen Unterhaltung mit Darbietungen von Musik und Tanz einerseits und kritischen Beiträgen andererseits machte den Welttag im Quartiersprojekt auf seine Art interessant.
Info
Frauentag ist mancherorts ein Feiertag
Beratung Der Awo-Kreisverband bietet eine Fülle an Beratungsangeboten. Speziell für Frauen hat die Awo eine Anlaufstelle für diejenigen, die schon einmal sexualisierte Gewalt erlebt haben, eine Beratungsstelle für Paare und Familien, für Schwangerschaft und Sexualität, ein Beratungsangebot für Frauen in Konfliktsituationen und Krisen. Weitere Infos unter www.awo-kv-wesel.de.
Feiertag Die in die USA ausgewanderte jüdische Sozialistin Theresa Server Malkiel organisierte erstmals einen Protestmarsch für Frauenrechte in New York am 28. Februar 1909. In Deutschland setzten Käthe Duncker und Clara Zetkin die Idee am 19. März 1911 mit einer Demonstration um. In Berlin ist der Frauentag seit 1991 und in Mecklenburg-Vorpommern seit 2023 ein gesetzlicher Feiertag.
Die Beiträge galten einer kritischen Bestandsaufnahme, verbunden mit der Aufforderung nach Selbstreflexion. Dass ein weltweiter Frauentag nötiger denn je sei, betonte Behnaaz Jansen von der Integrationsagentur Kamp-Lintfort im Awo-Kreisverband Wesel. „Wir haben mit all den gegenwärtigen Krisen und Kriegen die Welt vor der Tür, in der Frauen die Hauptlasten tragen“, sagte Jansen. „Frauen sind immer die Verlierer“, meinte sie.
Bei diesem Blickwinkel gehe es ihr nicht um die sogenannte „Entgeltgleichheit“. Millionen Frauen sind weltweit aktuell mit ihren Kindern auf der Flucht, während ihre Männer an der Front kämpfen, wie etwa in der Ukraine. Im Iran sei es Frauen beispielsweise verboten, in der Öffentlichkeit zu singen und zu tanzen, wie die Verhaftung von zwei jungen Frauen aktuell zeigt.
Solidarität und gegenseitige Hilfestellungen seien ein Weg. „Wir müssen damit vor unserer eigenen Haustür anfangen“, formulierte sie deutlich die Herausforderung. Auch wenn in diesen Tagen der Begriff „Demokratie“ und die „Bewahrung des demokratischen Prinzips“ immer wieder zur Sprache kommen, existiert eine unterschiedliche Wahrnehmung, welche Rolle Frauen dabei einnehmen.
Interessant sind dabei reaktionäre Positionen aus AfD-Landesvorständen von 2017, die Misbah Shahzad von der Awo-Antidiskriminierungsstelle mit ihrer Kollegin beispielhaft vorstellte. Frauen seien wegen ihrer Emotionalität weniger für das politische Amt geeignet, hieß es dabei. Daher lehne die AfD eine Frauenquote ab. Eine gute deutsche Frau habe keinen Migrationshintergrund und gehe in Heim, Haushalt und Heimat auf. Die moderne befreite Feministin hingegen sei in AfD-Fantasien übergewichtig und pflege abwechselnde Beziehungen mit ausländischen Männern.
In einem weiteren Beitrag machte Olga Weinknecht, Fachbereichsleiterin Innovation, Beratung und Integration, auf das Phänomen der krankhaften Verachtung von Männern gegenüber Frauen, aber auch von Frauen gegenüber Frauen aufmerksam. „Wir grenzen uns selber aus“, lauteten ihre Mahnung und der Rat, selbst eine Form der Selbstreflexion zu betreiben.
Für Unterhaltung sorgten unter anderem tänzerische Darbietungen, ein ukrainischer Frauenchor und musikalische Solobeiträge. Im Anschluss stand der Austausch im Mittelpunkt.