RP, 22.08.2024, Neukirchen-Vluyn
Bei der Hissung der Flagge vor dem Rathaus (v.l.): Christian Pelikan und Karin Fetzer vom CSD-Team, Bürgermeister Ralf Köpke und Rüdiger Eichholtz vom Verein Kulturprojekte Niederrhein der die Veranstaltung unterstützt. Foto: Josef Pogorzalek
Warum die Regenbogenflagge vor dem Rathaus weht
Internationales Symbol in Neukirchen-Vluyn
Neukirchen-Vluyn · Bürgermeister Ralf Köpke hat vor dem Rathaus eine Regenbogenflagge gehisst. Mit dabei waren Organisatoren des Christopher Street Day in Neukirchen-Vluyn. Warum der Bürgermeister sie unterstützt und wie sie mit Hasskommentaren umgehen.
Von Josef Pogorzalek
Angst haben sie nicht, die Organisatoren des Christopher Street Day (CSD) in Neukirchen-Vluyn. „Aber beunruhigt sind wir schon“, sagte am Donnerstag Christian Pelikan vom Team. Denn seit der Ankündigung des CSD vor einigen Wochen haben die Macher nicht nur Zustimmung und Sympathie gespürt. Vor allem in Internetforen schlagen ihnen immer wieder auch Hass und Hetze entgegen. „Das sind wir aus den vergangenen Jahren zwar gewöhnt“, sagte Christian Pelikan. „Aber der Hass nimmt sowohl quantitativ als auch qualitativ zu.“
Umso wichtiger war für die Organisatoren am Donnerstag ein Termin am Neukirchen-Vluyner Rathaus. Im dritten Jahr hintereinander hisste Bürgermeister Ralf Köpke dort zusammen mit den CSD-Machern die Regenbogenflagge – das internationale Symbol für Vielfalt und Toleranz und gegen die Diskriminierung von homosexuellen, bisexuellen, transsexuellen und anderen „queeren“ Menschen, die sich nicht ins zweigeschlechtliche und heterosexuelle Rollenbild einfügen. „Wir sind stolz darauf, dass der Bürgermeister nicht nur die Flagge hisst, sondern auch Schirmherr des CSD ist“, sagte Pelikan.
Info
Pride-Demo, Kundgebung und Party
Umzug Der Christopher Street Day am 31. August beginnt mit einem bunten Umzug. Treffpunkt für die „Pride-Demo“ ist um 13.30 Uhr an der Bergmann-Skulptur (Niederrhein-Allee/Dicksche Heide). Von dort geht es ab 14 Uhr in Richtung Vluyner Platz, wo gegen 15 Uhr eine Party mit Kundgebung beginnt.
Musik Mit dabei sind die Band Headempty und Drag Queen Fiona Fabulous. Es gibt Infostände, einen Foodtruck und einen Getränkestand, den der Werbering beisteuert.
„Es ist überhaupt keine Frage, dass wir da mitmachen“, betonte Ralf Köpke. Schließlich stehe Neukirchen-Vluyn für Vielfalt und Toleranz. Er ging stark davon aus, dass auch das Hissen der Regenbogen-Flagge Verunglimpfungen nach sich zieht. Doch davon lasse er sich nicht beeindrucken. „Wenn man eine Haltung hat, dann muss man dazu stehen.“
„Am schönsten wäre es, wenn wir den CSD nicht bräuchten“, sagte Ralf Köpke. Doch gerade Hass und Hetze zeigten immer wieder: Es müsse noch viel für die Akzeptanz „queerer“ Menschen getan werden. Pelikan stimmte zu. „Es geht schlicht um Menschenrechte. Es ist für die queere Community viel erreicht worden, aber lange noch nicht alles.“
Pelikan nannte als Beispiel Nachteile von gleichgeschlechtlichen Eltern gegenüber zweigeschlechtlichen. Ein großes Ziel bleibe zudem die Änderung von Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes, wo unter anderem die Rede davon ist, dass niemand wegen seines Geschlechts, seiner Herkunft oder Religion benachteiligt werden dürfe. Künftig solle dort auch von der sexuellen Identität die Rede sein, so der große Wunsch.
„Wie doof muss man sein, anderen Menschen nicht die gleichen Rechte zuzugestehen, die man selbst hat?“ fragte Pelikan. Als „Triebgestörte“ seien die CSD-Macher unter anderem im Netz verunglimpft worden, der CSD sei eine „Freak-Show“ die „in die Kanalisation“ gehöre, habe es geheißen.
Zwei besonders schlimme Fälle haben die Organisatoren bei der Polizei angezeigt. Wer eine andere Person oder eine Gruppe aufgrund seiner sexuellen Orientierung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet macht sich unter Umständen der „verhetzenden Beleidigung“ schuldig. Das Strafgesetzbuch, Paragraf 192a, sieht dafür Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen vor.
Was den Christopher Street Day selbst angeht, so sei die Veranstaltung in Neukirchen-Vluyn nicht nur die größte im Kreis Wesel, sondern besitze auch weit darüber hinaus Strahlkraft. 300 Teilnehmende habe es 2023 gegeben. „In diesem Jahr wollen wir die 500er-Marke knacken“, sagte Christian Pelikan.