WZ, 24.09.2025, Krefeld
Günter „Baby“ Sommer trat mit hervorragenden Mitmusikern im Glasfoyer des Theaters Krefeld auf. Foto: samla
Tolle Bläser und ein Senior am Schlagzeug
Auftakt des Jazzherbstes mit Günter „Baby“ Sommer und Gästen
Von Klaus Matthias Schmidt
Was haben sie ihm da für einen roten Teppich ausgerollt. Und das nicht zum ersten Mal. Sie, das sind die Mitglieder des Moerser Vereins Kulturprojekte Niederrhein. Und er ist Günter „Baby“ Sommer, Schlagzeuger aus Radebeul, schon zu DDR-Zeiten aktiv und eine Ikone des europäischen Free Jazz. Der Verein hat ihm jetzt wieder eine Reihe von Konzerten mit diversen Partnern organisiert, drei davon mit dem Posaunisten Nils Wogram, der Altsaxofonistin Angelika Niescier, dem Trompeter Markus Türk und dem Kontrabassisten und Sousaphonisten Alexander Morsey. Das erste dieser Konzerte hatte der Jazzklub Krefeld als Auftakt für seine Reihe Jazzherbst gebucht.
Das Glasfoyer des Theaters war gut besucht, obwohl Sommer erst im Mai des Jahres im Jazzkeller mit dem französischen Tubisten Michel Godard gastiert hatte. Das muss nicht verwundern, denn Wogram und Niescier sind europäische Spitzenkönner, beide den Krefelder Jazzfans bestens bekannt, und der Niederrheiner Türk und der Münsteraner Morsey haben alleine schon mit der den hiesigen Fans ebenfalls vertrauten Big Band The Dorf eine Empfehlung vorzuweisen.
Sommers Können ist das eines mit allen Wassern gewaschenen Seniors. Mit Verlaub, aber ähnlich hat es der Autor schon bei Sommers Jazzkeller-Gastspiel festgestellt. Er ist mit seinen 82 Jahren nicht mehr so behände, der Spielfluss wirkt etwas ruckelnd, aber das Agieren mit Besen und Schlegeln in verschiedenen Stärken, auch mit Stöcken, das verbale Kommentieren durch Rufe oder das Mitsingen von Schlagfolgen, all das verleiht Sommers Spiel Vielfarbigkeit und eine individuelle Note. So schrieb es der Autor schon im Mai. Sommers musikalisches Reaktionsvermögen ist immer noch gut.
In verschiedenen Formationen, mal als Quintett, mal als Trio, dann auch als Duo, auch schon einmal ohne Sommers Beteiligung, präsentierten sich die fünf Musiker jetzt ziemlich abwechslungsreich. Stilistisch bewegte man sich zwischen Post-Bop, Free Jazz und freier Improvisation, spielte gebunden und ungebunden. Sogar ein wenig funky wurde es zwischendurch. Manche riffartigen Themen waren wohl auch abgesprochen, das Volkslied „Dunkle Wolke“ wurde verjazzt, die Sommer-Komposition „Hymnus“ gespielt.
Niescier mit ihren wild mäandernden Linien, Wogram mit seiner Bandbreite zwischen elegantem Ton und druckvollen Multiphonics, aber auch Türk mit seinen chromatischen Erkundungen überzeugten solistisch wie auch im kollektiven Geflecht ihrer Einzelstimmen oder in berückenden Satzschichtungen. Morsey lieferte auf Kontrabass und Sousaphon stets belastbare Fundamente. Ein wenig kehrte Sommer zwischendurch zu sehr den Zeremonienmeister heraus, zu sehr, wenn es nicht ironisch gemeint war – wer weiß.
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