NRZ, 25.06.2023, NEUKIRCHEN-VLUYN
„Banda Baltica“ spielte bei den Haldenkonzerten in Neukirchen-Vluyn. Tanzen erlaubt, allerdings zu einem ungewöhnlichen Rhythmus. Foto: Oleksandr Voskresenskyi / FUNKE Foto Services
Neukirchen-Vluyn: Konzert und Meditation auf der Halde
HALDENKONZERTE
NEUKIRCHEN-VLUYN. Vor dem Hallenhaus auf der Halde Norddeutschland gab es am Wochenende Besonderes zu erleben. Zum Sonnenuntergang kamen zwei Berühmtheiten.
Liv Schwarzer
Sphärische Klänge erfüllen die Ebene auf der Halde Norddeutschland. „Musik trifft Meditation“ lautete das Motto des ersten der zwei Haldenkonzerte des Kulturprojekte Niederrhein e.V. am Samstagabend in Neukirchen-Vluyn.
Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer platzieren in der Abendsonne ihre mitgebrachten Yoga-Matten oder Decken vor den aufgebauten Instrumenten mit Blick auf das Hallenhaus am Höhepunkt der Halde. Auch Bürgermeister Ralf Köpke ist unter den Anwesenden. Nach dem schweißtreibenden Aufstieg über die Himmelstreppe empfangen Rüdiger Eichholtz und seine Kollegen des Vereins Kulturprojekte Niederrhein die Ankommenden mit gekühlten Getränken aus der Eistruhe. Förderung erfuhr die Veranstaltung von der Sparkasse am Niederrhein, der Stadt Neukirchen-Vluyn sowie dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW.
250 Anmeldungen gab es für die Meditation auf der Halde
Rund 250 Anmeldungen sind für die Meditation eingegangen. Begonnen wird jedoch mit dem Auftritt der Band „Banda Baltica“, die sich dem Genre der internationalen Folklore zuordnen lässt. Die Musiker Anna Lindblom, Hardo Kritz, Jan Tengeler und Tsimafei Birukou verbinden ihre nordischen, süd- und osteuropäischen Prägungen zu einzigartigen Klangerlebnissen. „Die Musik soll auf die Meditation vorbereiten“, erklärt Eichholtz. Aber: „Tanzen ist erlaubt, allerdings zu einem nicht so gewöhnlichen Rhythmus“, ermutigt Anna Lindblom die vor ihr sitzenden Zuhörenden und stimmt ein serbisches Stück an.
Viele Interessierte machten sich auf den mühsamen Weg auf die Halde Norddeutschland. Foto: Oleksandr Voskresenskyi / FUNKE Foto Services
Dirk Schauenberg vom Kensho Sport- und Gesundheitszentrum führt im Anschluss eine geleitete Meditation mit den Anwesenden durch. Eine solche beginnt mit Atemübungen. Um das Nervensystem zu balancieren und die Meditation vorzubereiten, gehen die Meditierenden danach in die Wechselatmung über, bei der abwechselnd durch das rechte und das linke Nasenloch geatmet wird. Weiter geht es mit dem gemeinsamen „Aum“-Chanten, welches den meisten wohl als „Om“ geläufiger ist. „Die drei Töne schwingen auf gewissen körperlichen Ebenen – genau die Dinge, die wir brauchen, um den Körper zu beruhigen“, klärt der gebürtige Niederrheiner auf.
Anschließend lasse er die Leute sich hinlegen. „Als Europäer ist man es nicht gewohnt, so lange still zu sitzen“, so Schauenberg. Er selbst weist beachtliche außereuropäische Referenzen auf: Der Athletikcoach lebte die letzten sieben Jahre vor der Pandemie in Singapur. Sein japanischer Karatetrainer, ein buddhistischer Lehrmönch sowie ein indischer Guru haben ihn in seiner Entwicklung begleitet. „Die drei haben mich beeinflusst“, beschreibt er.
Ein Lied für ein bis zwei Stunden zum Sonnenuntergang
Zum Sonnenuntergang begleiten zwei Berühmtheiten die versammelten Neukirchen-Vluyner mit klassischer indischer Musik in die Sommernacht: Nawab Khan und sein Neffe Shaizan Khan gehören einer indischen Musikerfamilie in der neunten Generation an. Gewöhnlich spielen sie am Hofe des Maharadschas von Rajasthan, welcher der indische Heimatstaat ihrer Familie ist.
Vor zehn Jahren lernten sie Dirk Schauenberg auf einer seiner Reisen in Indien kennen. „Dirk ist ein sehr guter Freund von uns“, erklärt Nawab Khan auf Englisch. Vor einigen Tagen noch in Paris aufgetreten, beehren die beiden Traditionsmusiker an diesem Wochenende Neukirchen-Vluyn mit ihrer Performance. Das Lied, welches sie auf der Halde präsentieren, lasse sich der klassisch-indischen „Raga-Musik“ zuordnen, so Shaizan Khan. Für verschiedene Tageszeiten seien verschiedene Melodien vorgesehen. „Zum Sonnenuntergang spielen wir Bhopali – das ist ein Lied für ein bis zwei Stunden“, führt sein Onkel aus. Ziel der beiden Weitgereisten: Spiritualität in Deutschland verbreiten. „Indische Musik ist wie Medizin“, ist Nawab Khan überzeugt.
Derselben Meinung ist Dirk Schauenberg: „In der heutigen Zeit ist es wichtig, etwas zu haben, das beruhigt und das zeigt, dass es miteinander besser ist als gegeneinander.“