WZ, 23.05.2025, Krefeld
Das Duo aus Schlagzeuger Günter „Baby“ Sommer und Tubist Michel Godard gastierte in Krefeld. Foto: Mark Mocnik
Individuelle Klangwelten, lebendiges Interagieren
Jazzklub Krefeld
Krefeld · Günter „Baby“ Sommer und Michel Godard spielten im Krefelder Jazzkeller.
Von Klaus Matthias Schmidt
Die beiden etwas älteren Herren hatten Spaß miteinander, schüttelten
sich nach ihren Stücken schon mal die Hand oder warfen einander sogar
Kusshändchen zu - auch fürs Publikum im Jazzkeller war es ein Vergnügen.
Der Schlagwerker Günter „Baby" Sommer (82) und der französische
Tubist Michel Godard (64) waren vom Jazzklub Krefeld in den Jazzkeller
eingeladen worden, der Verein Kulturprojekte Niederrhein war ein weiterer
Kooperationspartner.
Verwirrung gab es zu Beginn darüber, ob Sommer schon mal in Krefeld
war oder nicht, an den Jazzkeller konnte er sich jedenfalls nicht erinnern.
Das macht Sinn, denn nach den Aufzeichnungen des Autors gastierte
Sommer hier 2006 auf Burg Linn und 2010 im Südbahnhof. Godard war
zuletzt 2023 im Theater zu sehen. Als Duo hat man die beiden hier noch
nicht erlebt, dass sie aber schon über viel gemeinsame Spielerfahrung
verfügen, war unüberhörbar.
Sommer eilt immer noch der Ruf des Freejazzers hinterher, der aus der
ehemaligen DDR stammende Musiker hat sich aber schon längst für allerlei
weltmusikalische Tendenzen geöffnet. Sein mit einer großen Rahmentrommel,
einer weiteren Bassdrum, diversen Gongs, einer Klangschale
und gar einer großen Bassschlitztrommel erweitertes Drumset
spielt er überwiegend von den Trommeln her, das heißt perkussiv und
ohne Führhand auf den Becken.
Das Spiel mit Besen und Schlegeln in verschiedenen Stärken, selten einmal
mit Stöcken, das verbale Kommentieren durch Rufe und Lachen oder
das Mitsingen von Schlagfolgen - all das verleiht Sommers Spiel zusätzlich
eine große Vielfarbigkeit und eine sehr individuelle Note.
Sommers Spielfluss wirkt zeitweise etwas ruckelnd, aber sein musikalisches
Reaktionsvermögen ist voll auf der Höhe, wobei ihn sein Partner
Godard dabei jetzt auch nicht allzu sehr vor große Herausforderungen
stellt.
Godard spielt seine blau lackierte Tuba, dann das Serpent, ein schlangenförmig
gebogenes Vorläuferinstrument, und einen E-Bass, letzteren aber
nur, um damit ostinate Loops anzulegen, über die er dann blasend solieren
kann.
Der prominente Vertreter der sogenannten imaginären Folklore aus
Frankreich neigt immer noch zu folkloristischen Themen, und auch bei
seinen Improvisationen bleibt er sehr einer europäisch geprägten Klangwelt
verhaftet, selbst wenn als Thema mit „My Heart Belongs to Daddy"
mal ein Marylin-Monroe-Song dient.
Auf dem Serpent ist Godards Spiel beweglicher, auf der Tuba lässt er immer
wieder unaufdringlich, aber vom Klang her dennoch beeindruckend
sogenannte Multiphonics einfließen. Am Ende viel Applaus für ein Duo,
das auf jeden Fall sowohl mit seinen individuellen Spielpraktiken als auch
mit seinem lebendigen Interagieren punkten konnte. Stilistisch Aufwühlendes,
gar Neues war an diesem Abend nicht zu erwarten und dann auch
nicht zu vernehmen.
Nächster Termin ist die Jazz-Session am Donnerstag, 29. Mai, 20.30 Uhr,
im Jazzkeller (Lohstraße 92). Das weitere Programm des Jazzklubs Krefeld
steht auf der Webseite des Vereins.
jazzklub-krefeld.de